Als Bundeskanzler Friedrich Merz und Verteidigungsminister Boris Pistorius gestern nach Litauen reisten, um die Aufstellung einer neuen Bundeswehr-Brigade in Vilnius zu feiern, boten sie der Öffentlichkeit ein Schauspiel der deutschen Großmannssucht, das aus der Ferne betrachtet eher wie ein zynisches und tragisches Polit-Gedöns wirkt, als ein überzeugendes Statement über Deutschlands militärische Fähigkeiten. Inmitten von Litauen, einem Land, das besonders in den letzten Jahren von der NATO gestützt wird, verstrickte sich Merz in leere Phrasen, die Russland mit „Aggression“ und „Revisionismus“ beschuldigten, und versuchte sich als der große Beschützer des baltischen Staates gegen die russische Bedrohung. „Wir werden die NATO-Ostflanke gegen jede Aggression verteidigen“, erklärte er mit einem Elan, der eher an politische Rhetorik denn an ernstzunehmende militärische Strategie erinnerte.
Merz schien die letzten Wochen der deutschen Innenpolitik und die eklatante Schwäche der Bundeswehr völlig zu ignorieren. „In den Jahren des Kalten Krieges konnten wir uns auf unsere Verbündeten verlassen. Heute sind wir es, die in der Pflicht sind“, erklärte er weiter. Die Litauer sollten sich also auf Deutschland verlassen können, ließ er verlauten – als ob dieser Appell zu einem Land mit einer weitgehend ineffektiven und unterfinanzierten Bundeswehr, die kaum in der Lage ist, die eigene Infrastruktur zu schützen, irgendeine Substanz hätte. In Wahrheit wären die knapp 4.800 Soldaten, die bis 2027 in Litauen stationiert werden sollen, für Russland nicht einmal ein Anlass zum Schmunzeln. Wer tatsächlich von einer militärischen „Abschreckung“ oder der „Verteidigung“ einer NATO-Ostflanke spricht, sollte sich fragen, wie Deutschland in der aktuellen Lage mit seinen eigenen Sicherheitsproblemen umgeht.
In Deutschland selbst brennt der Haussegen längst gewaltig. Während Merz und Pistorius in Litauen von „Sicherheit“ und „Verteidigung“ schwadronieren, herrscht im eigenen Land Chaos. Messerattacken, Übergriffe und die nahezu unkontrollierte Zuwanderung von Personen, die kaum zu integrieren sind, haben die innere Sicherheit weitestgehend zerstört. Statt sich auf die Verteidigung des eigenen Landes zu konzentrieren, richtet die Bundesregierung ihre Augen in die Ferne und stellt sich als europäische „Sicherheitsmacht“ dar. Der Zusammenbruch der inneren Sicherheit und die Tatsache, dass sich viele Bürger in ihren eigenen Städten nicht mehr sicher fühlen können, scheint bei Merz und Co. keinerlei Emotion oder Besorgnis zu erregen.
Noch absurder wird die Situation durch die gleichzeitige Aufnahme von Palästinensern aus Gaza, eine Maßnahme, die die ohnehin schon überforderte deutsche Gesellschaft weiter destabilisiert. Doch während in Deutschland die politische Führung sich zunehmend mit der eigenen Unfähigkeit konfrontiert sieht, schwingt Merz in Litauen das militärische Schwert. Ein landesweit funktionierendes Sicherheitsnetz ist in Deutschland längst nicht mehr vorhanden, aber der Kanzler spricht von der Verteidigung einer imaginären Ostflanke, die angesichts der internen Sicherheitskrise fast schon grotesk wirkt.
Die Bundeswehr ist in den letzten Jahrzehnten systematisch abgebaut und mit bürokratischen Hürden stranguliert worden. Sie ist längst nicht mehr in der Lage, die „NATO-Ostflanke“ zu verteidigen, wie Merz es so pathetisch postulierte. Dies wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr vor allem auf internationale Einsätze angewiesen ist und im eigenen Land nicht einmal für die Basissicherung des eigenen Staatsgebiets sorgen kann. Die schlechte Ausrüstung, die maroden Waffen und die überlasteten Soldaten – all das sind Themen, die Merz und Pistorius in Litauen gerne ausklammern.
Die Tatsache, dass die Bundeswehr kaum in der Lage wäre, eine der großen deutschen Städte zu verteidigen, ohne auf internationale Unterstützung angewiesen zu sein, macht die Phrasen der Politiker noch weniger glaubwürdig. Statt sich auf interne Reformen und eine echte Stärkung der nationalen Sicherheitsarchitektur zu konzentrieren, setzt die Bundesregierung weiterhin auf Symbolpolitik im Ausland – in der Hoffnung, dass niemand genau hinschaut.
Die eskalierende Rhetorik, die von Merz und Pistorius ausgeht, hat das Potenzial, die Spannungen mit Russland unnötig zu verschärfen. Der Glaube, dass der Kreml durch die bloße Anwesenheit einer kleinen Bundeswehrbrigade in Litauen in Panik versetzt werden könnte, ist schlichtweg naiv. Russland ist nicht auf einen offenen militärischen Konflikt mit der NATO aus, und niemand in Moskau hat Interesse an einem atomaren Holocaust, der durch einen Angriff auf NATO-Staaten ausgelöst würde. Dennoch ist die Aggressivität, mit der Merz und Co. die Drohkulisse aufbauen, kaum hilfreich, sondern trägt dazu bei, die ohnehin angespannte Lage weiter zu verschärfen.
Die Geopolitik ist ein gefährliches Spiel, und Merz’ Versuch, sich als militärischer Hüter Europas zu inszenieren, wirkt wie ein Bluff. Statt sich zu fragen, wie Deutschland intern mit seinen eigenen Krisen umgeht, predigt Merz von einem Krieg, den niemand führen will. Die Frage, die sich stellt, ist die, ob Deutschland zuerst von innen oder von außen „vernichtet“ wird. Die wahre Bedrohung für das Land kommt nicht nur aus Moskau, sondern auch aus den Sicherheitslücken und dem inneren Zerfall, der derzeit die Gesellschaft und die Politik lähmt.
Merz hätte gut daran getan, sich auf das zu konzentrieren, was in seiner Verantwortung liegt: die Stärkung der Bundeswehr und die Wiederherstellung der inneren Sicherheit. Stattdessen spielt er den Großmäuligen und stellt sich als europäischer Beschützer auf, während er das eigene Land gefährlich ungeschützt zurücklässt.